Christoph Schroeder | Universität Potsdam
Die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland hat sich im Lauf der vergangenen Jahrzehnte zu einer mehrsprachigen Gesellschaft entwickelt, mit spezifischen Verteilungen – auch Registerverteilungen – von Ein- und Mehrsprachigkeit in unterschiedlichen sozialen Domänen. Die Sicht des gesellschaftlichen Diskurses auf die sprachlichen Verhältnisse ist dem noch nicht nachgekommen; immer noch ist individuelle Mehrsprachigkeit ein „Sonderfall“ – entweder (bei bestimmten Sprachbiographien) ein „Problemfall“, dem man mit Konzepten der „Förderung“ und der „sprachlichen Integration“ beizukommen versucht oder halt (bei bestimmten anderen Sprachbiographien) ein romantisierter „Glücksfall“.
Nach einer Skizzierung der gesellschaftlichen Mehrsprachigkeitsverhältnisse im Sinne eines Registerverständnisses von Maas (2008) möchte ich eine darauf aufbauende (Neu-)Verortung des Faches „Deutsch als Zweitsprache (DaZ)“ diskutieren. Es handelt sich um ein Fach, dessen historische Wurzeln in dem schulischen Umgang mit der „Gastarbeiter“-Zuwanderung der frühen Siebzigerjahre liegen. DaZ hat sich, so meine etwas provokative These, immer noch nicht ganz von den damaligen Lösungsansätzen verabschiedet und unterstützt so den öffentlichen „Problemdiskurs“ in Bezug auf Mehrsprachigkeit. Eine Neuverortung erfordert eine genauere Analyse der gesellschaftlichen Mehrsprachigkeitsverhältnisse, aber auch eine kritische Diskussion der Erklärungsrelevanz von Begriffen und Begriffspaaren wie „Erstsprache vs. Zweitsprache“ oder „muttersprachliche vs. muttersprachenähnliche Sprachkompetenz“.
Bibliographie
Maas, Utz (2008): Sprache und Sprachen in der Migrationsgesellschaft. Die schriftkulturelle Dimension. Göttingen: V & R unipress (IMIS-Schriften, Bd. 15).